In einer zunehmend digitalen und vernetzten Welt sind die Anforderungen an die Verfügbarkeit von IT-Ressourcen und Systemen so hoch wie nie zuvor. Hochverfügbarkeit (High Availability, HA) ist entscheidend, um sicherzustellen, dass Anwendungen und Daten jederzeit verfügbar sind, auch im Falle von Hardware-Ausfällen oder anderen Störungen. In diesem Blog-Beitrag werfen wir einen Blick auf die Konzepte und Technologien, die verwendet werden, um unter Linux eine hohe Verfügbarkeit von Hardware und Ressourcen zu gewährleisten.
1. Was ist Hochverfügbarkeit?
Hochverfügbarkeit bezeichnet die Fähigkeit eines Systems, Anwendungen oder Dienste auch dann ohne nennenswerte Unterbrechung bereitzustellen, wenn ein Hardwarefehler, Softwareproblem oder eine Netzwerkausfall eintritt. Systeme mit Hochverfügbarkeit zielen darauf ab, Single Points of Failure (SPoF) zu eliminieren und sicherzustellen, dass Dienste so gut wie möglich ununterbrochen zur Verfügung stehen.
Die Hochverfügbarkeit wird in der Regel durch Redundanz und automatische Failover-Mechanismen erreicht, die es ermöglichen, bei einem Ausfall eines Servers oder einer Hardwarekomponente automatisch auf eine alternative Ressource umzuschalten, ohne dass Benutzer die Auswirkungen spüren.
2. Wichtige Konzepte der Hochverfügbarkeit
Um ein hochverfügbares System aufzubauen, müssen bestimmte Konzepte und Architekturen berücksichtigt werden:
a) Cluster
Ein Cluster ist eine Gruppe von Servern, die als Einheit arbeiten und gemeinsam Dienste bereitstellen. In einem Hochverfügbarkeits-Cluster können mehrere Knoten (Server) vorhanden sein, die in einem Active/Active– oder Active/Passive-Modell arbeiten. Wenn ein Knoten ausfällt, übernimmt ein anderer Knoten die Arbeit, um sicherzustellen, dass der Dienst weiterhin verfügbar bleibt.
- Active/Active-Cluster: In dieser Konfiguration sind mehrere Knoten gleichzeitig aktiv und bieten Dienste an. Der Ausfall eines Knotens führt dazu, dass die verbleibenden Knoten den Lastenausgleich übernehmen.
- Active/Passive-Cluster: Hier ist nur ein Knoten aktiv, während der andere als Backup fungiert. Wenn der aktive Knoten ausfällt, wird der passive Knoten aktiviert, um den Dienst zu übernehmen.
b) Failover und Failback
Failover bezieht sich auf den automatischen Wechsel von einem primären Knoten zu einem Backup-Knoten im Falle eines Ausfalls. Failback ist der Prozess, bei dem der Dienst nach der Wiederherstellung des primären Knotens automatisch auf diesen zurückgeschaltet wird.
c) Redundanz
Redundanz ist das Schlüsselkonzept bei der Hochverfügbarkeit. Indem kritische Hardwarekomponenten wie Server, Festplatten, Netzwerke und Stromversorgungseinheiten in mehrfacher Ausführung vorhanden sind, kann der Ausfall einer Komponente durch eine andere ersetzt werden, ohne dass der Dienst unterbrochen wird.
d) Heartbeat
Ein Heartbeat-Signal wird verwendet, um den Status von Servern oder Diensten in einem Cluster zu überwachen. Knoten senden kontinuierlich Heartbeats, um anzuzeigen, dass sie aktiv sind. Wenn der Heartbeat eines Knotens ausbleibt, erkennt der Cluster den Ausfall und leitet ein Failover ein.
3. Technologien für Hochverfügbarkeit unter Linux
Unter Linux gibt es eine Vielzahl von Open-Source-Lösungen und -Technologien, die speziell für den Aufbau hochverfügbarer Systeme entwickelt wurden. Hier sind einige der wichtigsten Werkzeuge und Frameworks:
a) Pacemaker und Corosync
Pacemaker ist der De-facto-Standard für die Cluster-Verwaltung unter Linux. Es überwacht die Knoten in einem Cluster und stellt sicher, dass Dienste bei einem Knotenfehler automatisch auf einen anderen Knoten verschoben werden. Pacemaker arbeitet oft zusammen mit Corosync, das für die Kommunikation und Koordination zwischen den Knoten verantwortlich ist.
Corosync übernimmt die Synchronisation zwischen den Cluster-Knoten und sorgt dafür, dass alle Knoten die gleichen Informationen über den Clusterzustand haben. Wenn ein Knoten ausfällt, wird dies von Corosync erkannt und an Pacemaker weitergegeben, das das Failover durchführt.
Wichtige Funktionen von Pacemaker und Corosync:
- Überwachung von Knoten und Diensten
- Automatisches Failover und Failback
- Ressourcenverwaltung und -verteilung
- Unterstützung für Active/Active- und Active/Passive-Cluster
- Konfigurierbare Regeln für die Priorisierung und Abhängigkeiten von Diensten
b) DRBD (Distributed Replicated Block Device)
DRBD ist eine Lösung für die Replikation von Blockgeräten in Echtzeit. Es wird oft verwendet, um Daten über mehrere Server hinweg zu synchronisieren, sodass im Falle eines Hardware- oder Knotenfehlers die Daten auf einem anderen Knoten verfügbar bleiben. DRBD wird häufig in Kombination mit Pacemaker verwendet, um Datenreplikation und automatische Failover zu gewährleisten.
DRBD funktioniert auf der Blockebene und kann als Ersatz für teure SAN-Systeme (Storage Area Network) in einem verteilten System fungieren. Wenn ein primärer Server ausfällt, kann ein sekundärer Server die Arbeit übernehmen und den Zugriff auf die Daten nahtlos fortsetzen.
c) Keepalived und HAProxy
Keepalived ist ein Werkzeug zur Verwaltung von virtuellen IP-Adressen und Failover. Es wird häufig verwendet, um Load Balancer oder Webserver hochverfügbar zu machen. In Kombination mit HAProxy kann Keepalived verwendet werden, um Lastverteilung und Hochverfügbarkeit für webbasierte Anwendungen zu gewährleisten.
Wenn der primäre Load Balancer ausfällt, kann Keepalived den Datenverkehr automatisch auf einen Backup-Server umleiten, ohne dass Benutzer den Ausfall bemerken. Dies wird oft in Webhosting-Umgebungen oder für kritische Netzwerkdienste verwendet.
d) GlusterFS und Ceph
Wenn es um hochverfügbaren verteilten Speicher geht, sind GlusterFS und Ceph führende Open-Source-Lösungen. Beide Systeme bieten die Möglichkeit, Daten über mehrere Knoten hinweg zu replizieren und bei einem Ausfall nahtlos auf alternative Knoten zuzugreifen.
- GlusterFS ermöglicht die horizontale Skalierung von Speichersystemen und bietet Replikationsmechanismen, um Datenverlust bei Hardware-Ausfällen zu verhindern.
- Ceph bietet ebenfalls eine hochverfügbare Speicherlösung mit integrierter Datenreplikation und automatischer Selbstheilung. Es ist besonders in Cloud-Umgebungen und für Big-Data-Anwendungen beliebt.
e) Kubernetes und OpenShift
In der Welt der Container-Orchestrierung spielen Kubernetes und darauf basierende Plattformen wie OpenShift eine wichtige Rolle für die Hochverfügbarkeit. Kubernetes verwaltet Container-Umgebungen und stellt sicher, dass Anwendungen bei Ausfällen neu gestartet und automatisch auf andere Knoten verteilt werden können. Dank der Container-Technologie und automatischen Lastverteilung bietet Kubernetes eine natürliche Grundlage für hochverfügbare Anwendungen.
4. Aufbau einer hochverfügbaren Linux-Umgebung
Der Aufbau einer hochverfügbaren Umgebung erfordert eine sorgfältige Planung und Implementierung verschiedener Technologien und Verfahren. Hier sind einige grundlegende Schritte:
a) Redundante Hardware einrichten
Stellen Sie sicher, dass Sie redundante Hardwarekomponenten verwenden, um Single Points of Failure zu vermeiden. Dies umfasst:
- Mehrere Server in einem Cluster
- Redundante Netzwerkschnittstellen
- USV-Systeme (unterbrechungsfreie Stromversorgung) für Stromausfälle
b) Cluster-Software konfigurieren
Installieren und konfigurieren Sie Cluster-Management-Software wie Pacemaker und Corosync, um die Überwachung und Failover-Mechanismen zu automatisieren. Richten Sie dabei auch die Ressourcengruppen und Abhängigkeiten so ein, dass Dienste effizient zwischen den Knoten verschoben werden können.
c) Datenreplikation sicherstellen
Verwenden Sie DRBD oder verteilte Dateisysteme wie GlusterFS oder Ceph, um sicherzustellen, dass Ihre Daten auf mehreren Knoten synchronisiert und jederzeit verfügbar sind.
d) Monitoring und Alarme
Implementieren Sie ein robustes Monitoring-System wie Prometheus oder Nagios, um den Zustand Ihrer Server und Dienste in Echtzeit zu überwachen. Stellen Sie sicher, dass Alarme eingerichtet sind, um bei Ausfällen oder Ressourcenengpässen frühzeitig informiert zu werden.
e) Regelmäßige Tests
Testen Sie regelmäßig die Failover-Mechanismen, um sicherzustellen, dass sie im Ernstfall reibungslos funktionieren. Üben Sie Szenarien wie den Ausfall eines Servers, Netzwerkausfälle und Stromausfälle, um sicherzustellen, dass das System wie erwartet reagiert.
5. Anwendungsfälle für Hochverfügbarkeit
Die Hochverfügbarkeit ist in vielen Bereichen von entscheidender Bedeutung:
- Webhosting: Um sicherzustellen, dass Websites und Webanwendungen auch bei Serverausfällen immer erreichbar sind.
- Datenbanken: Hochverfügbare Datenbanken wie MySQL oder PostgreSQL in Kombination mit Replikation und Failover sorgen für ständige Verfügbarkeit von kritischen Daten.
- Cloud-Plattformen: Cloud-Infrastrukturen wie OpenStack oder Kubernetes setzen Hochverfügbarkeitslösungen ein, um virtuelle Maschinen und Container auch bei Hardware- oder Netzwerkproblemen verfügbar zu halten.
- Unternehmen mit 24/7-Betrieb: Unternehmen, die eine kontinuierliche Verfügbarkeit von Diensten benötigen, wie z.B. Online-Shops, Finanzdienste oder Telekommunikationsanbieter, profitieren erheblich von hochverfügbaren Architekturen.
Fazit
Die Implementierung von Hochverfügbarkeit unter Linux ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass Anwendungen und Dienste auch bei Hardwareausfällen oder Netzwerkausfällen weiterhin funktionsfähig bleiben. Durch den Einsatz von Technologien wie Pacemaker, DRBD, GlusterFS oder Kubernetes können Organisationen ihre Infrastruktur robust und widerstandsfähig gestalten.